Zum 14.5.2013 tritt nun endlich das Gesetz zur
gemeinsamen elterlichen Sorge für Kinder von
nicht miteinander verheirateten Eltern in Kraft.
Der Titel des Gesetzes etwas ungenau, auch geschiedener
Eltern von nicht miteinander verheiratet, sie gilt
das Gesetz nicht. Es gilt für die nichtehelichen
Kinder wobei der Gesetzgeber der Auffassung war,
dass dieser Begriff diskriminierend sei. §
1626 a BGB regelt nunmehr im Abs. 3 den Grundsatz,
dass die elterliche Sorge für das nichteheliche
Kind der Mutter zusteht. Es gibt drei Möglichkeiten,
durch welche die gemeinsame Sorge beider Elternteile
herbeigeführt werden kann. Das ist zum einen
unverändert die Sorgeerklärung nach Nr.
1 sowie die Eheschließung der Eltern nach
Nr. 2 und - neu - nach Nr. 3 die Übertragung
der gemeinsamen Sorge durch das Familiengericht.
Bis zu einer anderweitigen Regelung besteht das
alleinige Sorgerecht der Mutter. Alle Entscheidungen,
die bis zu diesem Zeitpunkt getroffen werden, trifft
die Mutter demnach allein.
Gerade aber direkt nach der Geburt fallen mehr
Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung
für das weitere Leben des Kindes an, als jemals
wieder. Das ist direkt zu Anfang die Entscheidung
über den Namen des Kindes (§ 1617 a BGB),
sowohl hinsichtlich der Vornamen als auch hinsichtlich
des Nachnamens. Es muss die Entscheidung über
den Wohnsitz getroffen werden, mit der Alleinsorge
erhält das Kind automatisch auch den Wohnsitz
der Mutter. Grundsätzliche medizinische Fragen,
wie die Impfungen sind ebenfalls in den ersten
Lebenswochen zu treffen und fallen damit in den
Zuständigkeitsbereich der Mutter, ohne Einflussmöglichkeit
des Vaters. Gerade diese Weichenstellung ohne Einflussmöglichkeit
des Vaters war und ist der Hauptkritikpunkt am
Antragsmodell.
Das Bundesverfassungsgericht hat in der Entscheidung
vom 21.7.2010 allerdings erklärt, dass gegen
die grundsätzliche Anordnung des alleinigen
Sorgerechtes zur Mutter eines nichtehelichen Kindes
im Hinblick auf das Elternrecht des Vaters keine
verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Das Gericht
geht davon aus, dass im Zeitpunkt der Geburt eines
nichtehelichen Kindes nicht generell davon ausgegangen
werden könne, dass das Kind einen Vater rechtlich
zugeordnet werden kann und dieser bereit ist, Verantwortung
für das Kind zu tragen. Darüber hinaus
hat das Bundesverfassungsgericht auch noch festgestellt,
dass das väterliche Elternrecht nicht verlange,
mit der wirksamen Anerkennung der Vaterschaft in
Bezug auf ein nichteheliches Kind zugleich kraft
Gesetzes das gemeinsame Sorgerecht zu bekommen.
a) Sorgeerklärung
Auch die Sorgeerklärung kann nach §
1626 b Abs. 2 BGB, der bis auf redaktionelle Anpassungen
ansonsten unverändert bleibt, bereits vor
der Geburt des Kindes erklärt werden. ( §
1626 b Abs. 2 BGB). Nur in diesem Fall steht das
Kind mit seiner Geburt unter gemeinsamer elterlicher
Sorge.
Die Sorgeerklärung und die Zustimmungserklärung
zur Sorgeerklärung müssen öffentlich
beurkundet werden (§ 1626 d BGB). Die Eltern
können die Sorgeerklärung nur selbst
abgeben ( 1626 c BGB). Beurkundet werden die Sorgeerklärungen
und die Zustimmungen entweder
Die Beurkundungen können auch durch einen
gerichtlichen Vergleich ersetzt werden gemäß
§ 127 a BGB . Dabei muss eine Sorgeerklärung
nicht ausdrücklich vorliegen, Erklärungen
der Eltern, wonach sie bekunden, das Sorgerecht
gemeinsam ausüben zu wollen, reichen hierfür
aus ..
Beim Jugendamt wird eine Liste der Sorgeerklärungen
geführt. Gemäß § 58 a SGB
VIII kann die Mutter eine schriftliche Bescheinigung
verlangen, dass keine Sorgeerklärung abgegeben
wurde. Dafür ist das Jugendamt örtlich
zuständig, in dessen Bereich die Mutter ihren
gewöhnlichen Aufenthalt hat. Deshalb ist die
beurkundende Stelle verpflichtet, an das Jugendamt,
welches für den Geburtsort des Kindes zuständig
ist,(§ 87 c Abs. 6 Satz 2 SGB VIII), die Sorgeerklärung
und Zustimmungen unverzüglich mitzuteilen.
Die Mitteilung hat das Geburtsdatum und Geburtsort
des Kindes sowie den zur Zeit der Beurkundung seiner
Geburt von dem Kind geführten Namen zu enthalten.
Dieses Negativattest dient im Rechtsverkehr der
Mutter als Beweis ihrer Alleinsorge.
b) Heirat der Eltern
Die Eltern bekommen kraft Gesetzes die gemeinsame
elterliche Sorge, wenn sie einander heiraten. Diese
Regelung ist gegenüber dem alten Recht unverändert
geblieben. Voraussetzung ist wie bei der Sorgeerklärung
die rechtliche Elternschaft beider Elternteile.
c) Übertragung durch das Gericht
Neu eingefügt ist nun in § 1626
a BGB die Möglichkeit des Gerichts, auf Antrag
des Kindesvaters die elterliche Sorge den Eltern
gemeinsam zu übertragen.
Zuständig für die Übertragung ist
das Familiengericht, funktionell zuständig
ist der Richter. Damit ist den (Minimal)- Anforderungen
des europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte
Rechnung getragen, der in der Entscheidung vom
3.12.2009 den Ausschluss einer gerichtlichen Einzelfallprüfung
der alleinigen elterlichen Sorge der Mutter als
Verstoß gegen Art. 14 EMRK in Verbindung
mit Art. A EMRK gesehen hatte.
Das Familiengericht überträgt die elterliche
Sorge den Eltern gemeinsam, wenn das gemeinsame
Sorgerecht dem Kindeswohl nicht widerspricht. Es
bedarf keiner positiven Feststellung dahingehend,
dass das gemeinsame Sorgerecht dem Kindeswohl entspricht.
Es besteht eine Vermutung dahingehend, dass die
gemeinsame Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht,
wenn der andere Elternteil keine Gründe vorträgt,
die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen
Sorge entgegenstehen oder solche Gründe sonst
ersichtlich sind. Diese Vermutung ist widerlegbar,
die Widerlegung bedarf aber der Begründung.
Aus der Einschränkung folgt, dass die Vermutung
nur dann eingreifen kann, wenn die Kindesmutter
keine Gründe vorträgt, die der Übertragung
der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen
und dem Gericht ansonsten auch keine Gründe
bekannt sind.
In diesem Fall gilt außerdem das vereinfachte
gerichtliche Verfahren welches neu eingeführt
wird
Der Gesetzgeber sieht in dieser Konstruktion ein
Mittelding zwischen der Antragslösung und
der automatischen gemeinsamen Sorge kraft Gesetzes.
Es werde zum einen verhindert, dass in Fällen,
in denen das Kindeswohl gegen die gemeinsame Sorge
spricht, eine solche kraft Gesetzes entstehe. Zum
anderen komme eine umfassende gerichtliche Prüfung
nur dort in Gang, wo sie zum Schutz des Kindes
wirklich nötig ist .
Der Kindesvater hat das Wahlrechts, ob er zunächst
eine Sorgeerklärung beim Jugendamt abgibt
und versucht, die Zustimmung der Kindesmutter zu
erhalten, oder ob er bei einer bekannten Weigerung
der Kindesmutter direkt einen gerichtlichen Antrag
stellt.
Das Gericht nimmt in Zukunft eine "negative
Kindeswohlprüfung" vor. Darin liegt ein
Unterschied gegenüber der Praxis seit der
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom
21.7.2010 . Dort war den Gerichten aufgegeben worden,
die elterliche Sorge den Eltern gemeinsam zu übertragen,
wenn die dem Kindeswohl entspricht.
In der Gesetzesbegründung hat sich der Gesetzgeber
ausführlich Gedanken darüber gemacht,
welche Motivationen und Fallgruppen als Begründung
für eine alleinige elterliche Sorge angeführt
werden und welche nach dem Willen des Gesetzgebers
davon stichhaltig sein sollen.
Zu diesem Thema erschien im Juni 2013 im Verlag
C.H.Beck ein Buch von Rechtsanwältin Almuth
Zempel, welches die gesetzlichen Regelungen und
ihre Hintergründe umfassend und verständlich
erläutert.
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