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Haushaltswechsel bei Umgangsverweigerung


von Rechtsanwältin Almuth Zempel

Das OLG Celle hat sich in einem Beschluss vom 2.1.2018- 10 UF 126/16, BeckRS mit dem Aufenthaltsbestimmungsrecht für zwei Kinder befasst, bei denen schon seit Jahren heftige Auseinandersetzungen über das Umgangsrecht tobten.
Die Kinder, 10 und 13, leben seit der Trennung 2013 im Haushalt der Kindesmutter. Bereits kurz nach der Trennung begannen erhebliche Auseinandersetzungen auch über den Umgang der Kinder mit dem Vater. Die Kindesmutter sanktionierte die Nichterfüllung finanzieller Forderungen mit der Blockade der Umgangskontakte. Zuvor bestand eine gute Bindung der Kinder an dem Kindesvater, der umfangreich in die Betreuung der Kinder einbezogen war. Anfang 2014 wurde in einem Umgangsverfahren ein Sachverständigengutachten eingeholt. Darin wurde festgestellt, dass eine starke Beeinflussung der Mädchen durch die Kindesmutter stattfinde, die Kindesmutter ihrerseits nicht habe begutachtet werden können, da sie die notwendige Offenheit für die Begutachtung nicht erbrachte. Im Jahr 2014 trug der Kindesvater auf Übertragung der elterlichen Sorge auf sich an. Nach Regelung der finanziellen Fragen wurde die Ehe im Dezember 2015 geschieden. Zu einer Wiederaufnahme der Umgangskontakte kam es nicht. Die Kinder gaben an, den Vater nicht sehen zu wollen. Ihre ablehnende Haltung begründeten die Kinder mit wechselnden Berichten über "Fehlverhalten" des Vaters.
Das erstinstanzliche Gericht holte ein Sachverständigengutachten ein, wobei der Sachverständige wegen fehlender Mitwirkung der Kindesmutter die Begutachtung abbrach. Das Amtsgericht wies den Umgangsantrag des Kindesvaters sowie seinen Sorgerechtsantrag ab und übertrug die elterliche Sorge der Kindesmutter. Im Beschwerdeverfahren wurde ein lösungsorientiertes Sachverständigengutachten angeordnet. Dem Sachverständigen gelang es nicht, Kontakte zur Kindesmutter herzustellen. Verfahrensbeistand und Jugendamt sprachen sich aufgrund der guten Sozialisation der Kinder an ihrem neuen Wohnort und des Widerstandes der Kinder gegenüber dem Vater für einen Verbleib der Kinder im Haushalt der Kindesmutter aus. Der Senat ordnete daraufhin einen erneuten Anhörungstermin an, zu welchem ein Gutachter für Psychiatrie und Psychotherapie hinzugezogen wurde. Dieser widersprach der Einschätzung von Verfahrensbeistand und Jugendamt mit der Begründung, dass für die Entwicklung der Kinder der Kontakt zum Vater wichtig sei und ihre ablehnende Haltung derzeit nicht zu erklären sei, da traumatische Erfahrungen der Kinder mit dem Vater nicht vorlägen. In die daraufhin durchgeführte Begutachtung, die die Kindesmutter erneut blockierte, wurde auch ihr vorehelich geborener Sohn einbezogen, der keinen Kontakt zu seinem Vater gehabt hatte, in der Pubertät durch Schulabsentismus, pathologisches Spielen und eine emotionale Störung aufgefallen war. Der Sachverständige konnte beim Kindesvater keine Einschränkungen in der Beziehung- und Bindungsfähigkeit feststellen, kam zum Ergebnis, dass bei der Kindesmutter eine Störung der Persönlichkeit im Sinne einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung oder einer ADS Diagnose vorläge, eine genaue Diagnose war aufgrund der fehlenden Mitwirkung der Kindesmutter nicht möglich. Wortwahl und Argumentationen der Mädchen sprächen für eine direkte und lang anhaltende Beeinflussung durch die Kindesmutter. Dadurch würden die Mädchen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung und in ihrem Sozialverhalten beeinträchtigt, darin bestehe eine chronische Kindeswohlgefährdung. Angesichts der Ausmaße der Defizite des älteren Bruders sei davon auszugehen, dass seine psychische Entwicklung nachhaltig und über einen langen Zeitraum beeinträchtigt worden sei, was wiederum -anamnestisch belegt- durch die Kindesmutter mit verantwortet wurde.
Das OLG hat die elterliche Sorge auf den Kindesvater übertragen. Die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge sei aufgrund der jahrelang dokumentierten und tief greifenden Zerwürfnisse, die eine gemeinsame Entscheidungsfindung über die Belange der Kinder ausgeschlossen erscheinen lassen, nicht möglich. Bei der Kindesmutter sei ein so manipulatives Verhalten gegenüber den Kindern gegeben, dass eine chronische Kindeswohlgefährdung anzunehmen sei. Beim Kindesvater bestehe eine größere Förderkompetenz und fortbestehende Bindungstoleranz, wodurch die Kinder bessere Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten in seinem Haushalt hätten. Die enge Bindung der Kinder an die Kindesmutter sei aufgrund der krankhaften Störungen ihrer Persönlichkeitsstruktur nicht als Vorteil, sondern eher als Nachteil anzusehen. Der entgegenstehende Wille der Kinder sei zwar nicht unbeachtlich, könne aber wegen der Instrumentalisierung durch die Mutter nicht ausschlaggebend sein. Die enge persönliche Betreuung der Kinder in den prägenden ersten Lebensjahren des Kindes ließe erwarten, dass die Kinder nach einem Haushaltswechsel in die ihnen aus ihrer frühen Kindheit bekannte häusliche Umgebung beim Vater auch gegen ihren geäußerten Willen zu einem liebevollen Umgang mit ihm zurückfänden. Zur Unterstützung des Haushaltswechsels sei die Kindesmutter aufgrund der Entscheidung des OLG und zur Ermöglichung weiterer Umgangskontakte zwischen ihr und den Kindern verpflichtet.
Die Entscheidung liefert wertvolle Argumentationshilfen im Dilemma zwischen geäußertem Kindeswillen und Kindeswohl. Regelmäßig werden sonst Haushaltswechsel im Hinblick auf den möglichen Widerstand der Kinder abgelehnt. Allerdings handelt es sich auch um einen schweren Ausnahmefall und insoweit besonders um einen Fall, in dem die Verknüpfung nicht kindeswohlzentríerter Verhaltensweisen des betreuenden Elternteils mit dem Umgang unschwer erkennbar und nachweisbar waren.

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Almuth Zempel


Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht
Dipl.-Rechtspflegerin (FH)

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