Seit dem Inkrafttreten des FamFG zum 1.9.2009 ist in Verfahren, die das Sorgerecht betreffen, die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht mehr vorgeschrieben ( § 114 Abs. 1 FamFG). Nach § 78 Abs. 2 FamFG erfolgt die Beiordnung eines Rechtsanwaltes in Verfahren ohne Anwaltszwang dann, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Sach-und Rechtslage erforderlich erscheint. Das mit dieser Formulierung der Beginn einer umfangreichen Rechtsprechung zum Begriff der Erforderlichkeit gelegt wird, liegt auf der Hand.
In einem Fall hat das Saarländische Oberlandesgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe versagt. Der Kindesvater hatte außergerichtlich schriftlich mitgeteilt, mit der Übertragung des Sorgerechtes für ein gemeinschaftliches Kind auf die Antragstellerin allein einverstanden zu sein. Im daraufhin auf Antrag der Kindesmutter eingeleiteten Verfahren erklärte der Kindesvater dann seine Zustimmung zum Antrag auf Übertragung der alleinigen Sorge auf die Kindesmutter. In der Begründung führt das Gericht aus, dass sich die Beiordnung eines Rechtsanwaltes nunmehr nach den Umständen des Einzelfalles richtet. Entscheidend ist dabei, ob sich eine bemittelte Partei für das Verfahren der Hilfe eines Rechtsanwaltes bedienen würde. Maßgebliche Umstände können die Schwierigkeit der Sache-und Rechtslage, die existenzielle Bedeutung der Sache oder eine vom allgemeinen Prozessrecht stark abweichende Verfahrensart sein. In einem Sorgerechtsverfahren, in welchem die Voraussetzungen des § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB durch Zustimmung des anderen Elternteils vorliegen, steht dem Gericht ein weiteres Ermessen nicht zu, wenn keine Tatsachen ersichtlich sind, die eine Kindeswohlgefährdung bedingen würden. Es handelt sich dementsprechend um ein in der Sache einfaches Verfahren. Dieses Verfahren kann die Partei allein, gegebenenfalls mithilfe einer öffentlichen Rechtsauskunft, führen. (Dieses Institut - Öffentliche Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle - gibt es allerdings im Saarland nicht, sondern z.B. in Hamburg, Lübeck, Bremen und Berlin. Hilfestellung könnte nur die Rechtsantragstelle über Beratungshilfe oder das Jugendamt geben).
Im FamFG sind die Vorschriften der ZPO über
die Beiordnung eines Rechtsanwalts bewusst nicht
für alle Verfahren übernommen worden.
In den selbstständigen Umgangs-und Sorgerechtverfahren
sind die Anforderungen erhöht worden, da es
sich bei diesen Verfahren nicht um streng kontradiktorische
Verfahren handele (Bt-Drucks. 16/6308 S. 214).
Das gilt nicht in allen FamFG-Verfahren, in Familienstreitsachen
nach § 113 Abs. 1 Satz1 FamFG finden die allgemeinen
Vorschriften der ZPO Anwendung, dementsprechend
§ 121 Abs. 2 ZPO).
Für die Sorgerechtsverfahren und Umgangsverfahren
haben mittlerweile einige Gerichte Entscheidungen
dahingehend getroffen, dass die Beiordnung eines
Rechtsanwaltes nur dann erfolgt, wenn sie wegen
der objektiven Schwierigkeit der Sache-und Rechtslage
erforderlich ist. Persönliche Gründe,
wie Krankheit oder persönliche Defizite sollen
die Beiordnung gerade nicht rechtfertigen (KG,
Besch. v. 14.1.2010 - 19 WF 136/09, FamRZ 2010,
1460). In anderen Entscheidungen wird, zutreffend,
nicht nur auf objektive Gründe, sondern auch
auf subjektive Gründe abgestellt, wie auf
die Fähigkeit sich mündlich oder schriftlich
auszudrücken (OLG Hamburg, Beschl. v. 27.12.2010
- 10 WF 148/10, MDR 2011, 300 unter Verweis auf
BVerfG, Beschl. v. 22.6.2007 - 1 BvR 681/07, NJW-RR
2007, 1713). Der BGH hat in einem Verfahren das
Umgangsrecht betreffend klargestellt, dass auch
subjektive Gründe der Beteiligten eine besondere
Schwierigkeit bedingen können, die eine Anwaltsbeiordnung
nowendig machen (BGH, Beschl. v. 23.6.2010 - XII
ZB 232/09, FamRZ 2010, 1427). Die Anforderungen
für die Beiordnung eines Rechtsanwaltes im
Sorgerechtsverfahren und Umgangsrechtsverfahren
sind deutlich gestiegen, die Vielzahl der Entscheidungen
zeigt, dass durchgehend die Beiordnung einer besonderen
Begründung bedarf.
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